dummytiere

Der ADAC hat Crashtests durchgeführt, um die Sicherheit von Tieren in Fahrgastzellen zu überprüfen als auch die Möglichkeit, dass diese zum Geschoss werden. Diese Nachricht durchweht in derzeit die Medien. Aber auch die Frühjahrsausgabe des “Dummy” ist jetzt erschienen und den Tieren gewidmet.

“Wir sind reich bevölkert”, dieser Satz aus einem Beitrag über Parasiten drückt aus, was das ganze Heft bestimmt: Der Mensch kann vom Tier nur sprechen vom Menschen aus. Er kann sich aber wiederum darüber seine Gedanken machen. Die Vielfalt der Annäherungen, die das Heft durchzieht, wie auch der nie geringe Reflexionsgrad der einzelnen Beiträge haben das verinnerlicht und sind darum bemüht, es zu transportieren. Ein “Gesellschaftsmagazin” zu den Tieren: Es hätte besser kaum verwirklicht werden können.

Ein wenig aus dem Inhalt: Ein Gespräch mit Thomas Macho geht im Galopp durch die Tierkulturgeschichte. Eckhard Fuhr äußert sich, um Bedachtsamkeit bemüht, einmal mehr über die Jagd. Andere Texte blicken auf das Einsetzen des Tiers im Krieg, als Substitut für den feigen Menschen und die teure Maschine, oder fragen, “warum die Spanier so ein krankes Verhältnis zu Tieren haben”. Um die Spannweite der Beiträge aufzuzeigen: Ein weiterer Bericht widmet sich Billy, dem Schäferhund auf der Tiersex-Party, ein anderer versucht, die Liebe der Mädchen zum Pferd zu klären. Schautafeln lockern den Gang durchs Heft auf, sind dabei so aufreizend wie klug. Fotostrecken ergänzen die Lektüre der Texte um eine Aufklärung des Blicks.

Eine derart vollständig interessante und gelungene Ausgabe, deren Vielfalt aus einem Guss ist, gibt es im Zeitschriftendschungel selten. Mein Anraten könnte drängender kaum ausfallen.

geh und sieh

In der Nacht von Montag auf Dienstag um 03:20 auf 3sat läuft

Geh und sieh
(Idi i smotri)
Spielfilm, UdSSR 1985
Regie: Elem Klimow
(russische Originalfassung mit Untertiteln)
(teilweise schwarzweiß)
Länge: 137 Minuten

Ergänzungen:

die konferenz der netze

Ab heute läuft die re:publica 08. Was sie ist. Und was sie (gewesen) sein wird.

Die Mainzer Tage der Fernsehkritik waren gestern.

verführung zum bösen

Der Serienkiller, wir wissen es, ist noch ein echter Held. Als einer der konstantesten Film- und Medienhelden steht er immer im Zentrum der Aufmerksamkeit. Wer über die Beschau von SK-Filmen und das Selbstbeschaudern während SK-Lektüre hinausgehen möchte, bekommt am 19. April in Bonn die Gelegenheit während der Tagung “Serienmord als ästhetisches Phänomen“. Organisiert hat diese Stefan Höltgen, der interessante Referenten gewinnen konnte, wie den Kriminologen und Autor Stephan Harbort oder Jörg Buttgereit, der seinen Film “Schramm” wird zeigen können.

schiff sinkt

“Die Gustloff” startet. Das ZDF will den Erfolg. Nach “Wetten, dass …?” soll ein fünfminütiges Making of laufen. Gottschalks Sendung verliert, wie zu hören ist, bei den Jüngeren. Der Anhang also zielgruppenbewusste Eigenwerbung.

Was ich Making of nenne, heißt beim ZDF “Ein Blick hinter die Kulissen”. Den aber gibt es woanders. Dietrich Kuhlbrodt bespricht den Zweiteiler in der aktuellen Konkret; in der filmzentrale ist sein Text auch zu finden. Darin erfährt man u.a., dass Detlev Buck mitspielt und sich den Kopf wegschießt, ehrenhalber. Man weiß also schnell, dass die Produktion zum Kotzen ist. Aber Kuhlbrodt soll man lesen! Auch wenn es nicht so viel neues gibt. Inhalte und Ansätze der Kuhlbrodt’schen Nazifilmtexte ähneln sich. Das ist nicht die Schuld des gewissenhaften Beobachters.

100 ohrensessel!

Der hundertste Ohrensessel-podcast befasst sich mit Selbstmord im Film, mit “The Virgin Suicide”, “Control” und Malles “Irrlicht”. Die Stimmung ist tatsächlich etwas niedergeschlagen, erweitert aber sehr schön das Ohrensesselstimmungsensemble und buchstabiert dieses herrliche anthropologische Projekt weiter aus. Am Ende gehen sie. Ja, sich ihrem Thema annähernd machen es Bernd Begemann & Ben Schadow spannend. Wie wird es weitergehen? Was macht Benjamin Maack? Wird der Ohrensessel tatsächlich übernommen und ein neuer Disney-Club? Oder stellen sich die drei Anbetungswürdigen als “Die drei Tupacs” heraus?

Schon beginnen die Legenden … Für jede der 100 Ausgaben heißt es aber erstmal: Applaus, Applaus!

robbe-grillet und der film

Der Tod Alain Robbe-Grillets hinterlässt nicht zuletzt ein hervorgehobenes Bedürfnis nach dessen Filmen. Diesem entspricht haute die FAZ unter dem Titel: “Was fehlt” (”Michael Althen erinnert an den, ja: auch Filmemacher Alain Robbe-Grillet, von dessen zehn Filmen freilich nur einer überhaupt irgendwo auf DVD greifbar ist. “, notiert der perlentaucher zu dem Text, der online [noch] nicht zu finden ist).

1971 schloss Jean Améry einen Text über Robbe-Grillet, und über den Robbe-Grillet des Kinos im besonderen, folgendermaßen ab: “Robbe-Grillet ist tot: es lebe das Andenken Robbe-Grillets.” Zuvor hieß es da:

Robbe-Grillet, der kein Theoretiker ist, schrieb seine Theorien der “objektalen” Darstellungsweise und jagte seine Methode zu Tode. Notwendigerweise, da doch sein “objektales” Verfahren ein wesentlich optisches war, mußte er die Grenze der Literatur überschreiten und das filmische Medium ausprobieren. Am Ende stellte sich heraus, daß er dessen Möglichkeiten nicht gewachsen ist, sie überwältigen ihn. Heute schreibt er Film-Romane (…) und Romanfilme. Was die Literatur verlor, hat hierbei der Film nicht gewonnen. So ist es Zeit, dem Schriftsteller Robbe-Grillet ein paar Zeilen des Abschieds zu widmen, sie können so pietätvoll leider nicht geraten.

(Ich habe keinen Roman Robbe-Grillets gelesen, keinen seiner Filme gesehen, nicht einmal “Marienbad” kenne ich qua Ansicht.)

postkoloniale marslemuren

Heute morgen sind zwei spannend-schöne Texte rausgekommen, nahezu parallel, auf die ich hinweisen möchte:

toureiro schreibt über Madagaskar und
Stefan über die Mars-Chroniken.

Womit es bei ersterem im blog nun endlich wieder weitergeht!

oink-oink

Mit einigem Erfolg ist vor kurzem das Kinderbuch “Wo bitte geht’s zu Gott? fragte das kleine Ferkel” von Michael Schmidt-Salomon und Helge Nyncke erschienen und fand schnell Freunde, wie sich etwa bei amazon ablesen lässt. “Ursula von der Leyens Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend sieht die Sache jedoch völlig anders: Das Ministerium beantragte die Indizierung des Kinderbuchs als jugendgefährdende Schrift. Nach Angaben der Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien wird die mündliche Verhandlung Anfang März stattfinden.”

Auf www.ferkelbuch.de bekommt man weitere Informationen zu Buch und Indizierungsantrag, und nicht zuletzt die Möglichkeit, seine Unterschrift zu hinterlassen.

Oink-oink, wir wollen Schweine sein!

dinosaurierschlafanzüge

Home Alone / Kevin - Allein zu Haus, USA 1990
Chris Columbus, Regie

Spannende Variation des last-man-on-earth-Themas, der gleichen Struktur folgend und bis in Details hinein. Entsprechend christlich geprägt ist “Home Alone” denn auch. Weihnachten ist ja sowieso, samt notwendigem Kirchbesuch und mit all den Dekorationen, z.B. Engelkerzenständern. John Heard liest im Flugzeug in einem Buch mit dem Titel “Nobody’s Angel” (der Darsteller hatte dieses in den Film eingebracht, nicht Autorproduzent Hughes oder Regisseur Columbus, dies nebenbei). In Anspielung freilich auf den Curtiz-Film lautet der Titel des scheinbaren klassischen Gangsterfilms, den Kevin sich heimlich reinzieht: “Angels with Filthy Souls”. Der Inhalt dieser Szene wie auch der Kommentar des Jungen, er sehe sich hiermit Mist an, gibt diese Analogie im Abgleich mit Curtiz Erlösungsvision zwar nicht her, jedoch vermögen Curtiz’ Kreuze ein Schlaglicht auf Columbus’ Engel zu werfen.

In der Anwendung medialer Strategien der Täuschung ist Kevin seinen Konterparts überlegen. Er weiß, er kann den Angelsfilm nicht einfach ablaufen lassen - das täuscht nichtmal Marv. Also seziert er den Ausschnitt, so dass dessen Ablauf dem Pizzaboten wie eine Interaktion mit Anwesenden vorkommen muss. Marv wiederum, der die selbe Sequenz ungeschnitten belauscht, wird durch Knallfrösche von der Gefährlichkeit des Maschinengewehrfeuers überzeugt. Selbst dessen krimineller Instinkt (”Eine der Stimmen kam mir bekannt vor …”) wird übertölpelt.

Ich war jedenfalls mal jung und in der Nachwendezeit hab ich die beiden “Kevin”-Filme wohl rein materialistisch aufgefasst.

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